Autor: Torsten Roeder
Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)
FH Potsdam, 22.06.2021
FH Potsdam, 27.06.2022
http://pythonsandbox.com/turtle
Mit »Programmieren« assoziieren wir häufig: Logisches Verstehen. Mathematik. Diese Dinge lehrten uns schon in der Schule das Fürchten. Aus diesem Grund hält man sich gerne weit davon entfernt und überlässt das Feld den sogenannten »Nerds« oder allgemein umgangssprachlich den Programmierern. Einem Klischee nach sind das hellhäutige Männer, die mit Kapuzenpullis in dunklen Zimmern sitzen und Bildschirme mit grün leuchtenden Zeichen schauen.
Wie bei vielen Stereotypen spiegelt das nur einen kleinen Teil der Realität wieder. Programmiererinnen und Programmierer verfügen mit ihren Kenntnissen über Spezialwissen. Die Allgemeinheit kann dem Programmieren nicht viel abgewinnen, und die meisten Geräte und Programmoberfläche verstecken den Programmcode dahinter so gut, dass man sich als Nutzer nicht darum kümmern muss. Programmiererinnen und Programmierer sind insofern auch ein kleines bisschen mitschuldig für die Situation.
Dies führt auch dazu, dass Kommunikation zwischen Insidern und Outsidern manchmal ein bisschen schief laufen. In den Geisteswissenschaften - dies ist der Bereich, den ich selbst studiert habe - läuft es oft so, dass Personen ohne Programmiererfahrung nur schlecht die Probleme und Schwierigkeiten einschätzen können, vor denen die Programmiererinnen und Programmierer stehen. Diese wiederum haben viel Arbeit, die Aufgaben technisch zu lösen. Und nicht immer ist die schnellste Lösung die nachhaltigste.
Beim Programmieren gibt es zudem inzwischen so viele unterschiedliche Ebenen, dass man nur noch im Team programmiert - denn eine einzelne Person kann selten alle Anforderungen abdecken. Allein bei einer einfachen Website kann bereits eine Vielzahl an Technologien zum Einsatz kommen: Eine häufige Kombi ist beispielsweise PHP, MySQL, HTML, JavaScript, CSS. Jede Programmiersprache deckt einen anderen Aspekt der Anwendung ab, beispielsweise die Datenhaltung, das Webdesign, der Datenaustausch zwischen Datenbank und Website, und so weiter.
Wie können wir diese Situation verändern? Es erscheint sinnvoll, sich dem Programmieren anzunähern, um das technologische Verständnis zu erhöhen und die Kommunikation zwischen Nerds und Nicht-Nerds zu verbessern. Dazu muss man nicht gleich eine komplette Programmiersprache erlernen, wofür man manchmal Jahre braucht (wie auch für eine natürliche Sprache). Ich möchte heute in dieser Gruppe das Experiment eines spielerischen Ansatzes wagen. Wir benötigen dazu lediglich einen Internet-Browser.
Bevor wir starten, vorweg ein paar allgemeine Aspekte des Programmierens. Wir kennen alle Kochbücher und Rezepte: Was sind Eigenschaften von Rezepten?
Das Rezept ist eine Zielvorgabe mit Handlungsanweisungen für einen Menschen. Programmieren funktioniert ganz ähnlich, nur mit etwas anderen Rollen. Beim Programmieren gibt ein Mensch Handlungsanweisungen an eine Maschine. Der Unterschied: Während Menschen meistens nachfragen, wenn ihnen eine Anweisung seltsam vorkommt, ist dem Computer dies völlig egal. Computer besitzen nicht die Fähigkeit, etwas zu hinterfragen. Warum? Programmiersprachen sind so eingerichtet, dass es nur Befehle gibt, das heißt: Programmiersprachen kennen nur den Imperativ.
Für die Übung heute möchte ich mit TURTLE arbeiten. Die ursprüngliche Programmiersprache heißt LOGO, wurde am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in den 1960er Jahren entwickelt und dient speziell dem Gebrauch im Bildungssektor. In LOGO gibt man Anweisungen an eine Schildkröte (engl. Turtle), die sich den Kommandos über den Bildschirm bewegt und dabei eine Spur hinterlässt. Gibt man der Turtle die passenden Anweisungen, lassen sich komplexe Zeichnungen anfertigen.
Die Turtle kann einfache Befehle befolgen: Sie kann vor- oder zurücklaufen und sie kann sich drehen. Es gibt noch ein paar mehr Möglichkeiten, die wir gleich kennen lernen werden. Für das Experiment nutzen wir die "Turtle Sandbox": Diese basiert auf der Programmiersprache Python und ist an das ursprüngliche LOGO angelehnt.
Python Sandbox: https://pythonsandbox.com/
Turtle Sandbox: https://pythonsandbox.com/turtle
Dokumentation: https://pythonsandbox.com/docs/turtle
Ich möchte folgende Ziele erreichen:
Dies sind basale Techniken des Programmierens, die praktisch in jeder Programmiersprache vorkommen. Die Befehle sind hier und da etwas anders, aber im Grundsatz sind es immer wieder dieselben Befehle.
Turtle-Bibliothek importieren, Turtle-Variable festlegen
#
= Kommentar / kein Befehl: alles Folgende in der Zeile wird ignoriert
forward(x)
Turtle geht x
Schritte vorwärts.
backward(x)
Turtle geht x
Schritte rückwärts.
left(x)
Turtle dreht sich nach links um x
Grad.
right(x)
Turtle dreht sich nach rechts um x
Grad.
setheading(x)
Turtle schaut in Richtung x
Grad.
speed(x)
Stellt die Turtle-Geschwindigkeit auf x
.
(1 = sehr langsam, 5 = mittel, 10 = sehr schnell, 0 = ohne Verzögerung)
color("x")
Stellt die Turtle-Farbe auf x
.
(z.B. "green", "red", "blue" u.s.w.)
Aufgabe: Dreieck / Quadrat / Fünfeck / Sechseck zeichnen (in Gruppen oder einzeln)
Aufgabe: Dreieck / Quadrat etc. mithilfe eines Loops zeichnen
Verallgemeinern mit Variable (Zahl der Seiten, Länge der Seiten)
Erzeugt eine Prozedur mit dem Namen abc
und den Parametern x
und y
.
Bei Aufruf der Prozedur wird die Anweisung […] ausgeführt.
Auf Einrückung achten: genau 2 Leerzeichen.
Aufgabe: Code in Prozedur überführen
Führt die Anweisung […] aus, wenn bedingung
erfüllt ist.
Beispiel für bedingung
: 5>3
,1+1=3
Auf Einrückung achten: genau 2 Leerzeichen.
Führt die Anweisung […] nach der Zeile if ...:
aus, wenn bedingung
erfüllt ist, sonst aber die Anweisung nach der Zeile else:
.
Aufgabe: mehrere n-Ecke zeichnen (versetzt oder verschachtelt)
Aufgabe: Grafik rekursiv erstellen (z.B. Baum, Spirale …)
Was haben wir über das Programmieren gelernt?
Wobei können diese Erkenntnisse helfen? (Diskussion)
Programming Historian, Python-Kurse:
http://programminghistorian.org/en/lessons/?topic=python