# Kosten- und Nutzenanalyse von Hochwasserschutzmaßnahmen
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## Kosten-Nutzen-Analyse:
Prüfen, ob öffentliche Projekte nach Abwägung aller gesamtwirtschaftlichen Kosten und Nutzen sinnvoll sind oder nicht
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## Hochwasserschutzmaßnahmen
Hochwasserschutzmaßnahmen sind:
- rein öffentliche Güter (alle profitieren)
- i.d.R. mit Steuergeldern finanziert -> öff. Projekt
- nicht gewinnorientiert
=> Kosten-Nutzen-Analyse notwendig, da sehr hohe Kosten
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## Hochwassertypen
| Flusshochwasser | Sturzfluten |
| -------- | -------- |
| geringer Niederschlag über langen Zeitraum|starker Niederschlag über kurzen Zeitraum |
|Boden kann Wasser aufnehmen|Boden kann kein/wenig Wasser aufnehmen|
|langsames Ansteigen des Wasserspiegels => Evakuierung möglich |rasches Ansteigen des Wasserspiegels => Evakuierung nicht möglich|
|kleine Wellen entstehen | größere Wellen und starke Turbulenzen entstehen |
|feste Bauwerke könnnen meist standhalten|Bauwerke können meist nicht standhalten|
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## Hochwasserschutzkonzeption
1. Flächenmanagement
2. Technischer Hochwasserschutz
3. Hochwasservorsorge
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## Flächenmanagement
Angepasste Nutzung von hochwassergefährdeten Flächen:
- Entsiegelung
- Berücksichtigung bei der Bau-/ Regionalplanung
- Wiederherstellung natürlicher Retentionsflächen
- Renaturierung von Fließgewässern
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##### Hochwasserportal Hessen. (25.07.2020): https://www.hochwasser-hessen.de/indexefa4.html?id=69&id=69
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## Technischer Hochwasserschutz
- bautechnische Maßnahmen: z. B. Deiche, Hochwasserrückhaltebecken, Flutrinnen, Talsperren
- Grundlage ist das Bemessungshochwasser: i.d.R. Jahrhunderthochwasser ($HQ_{100}$)
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### Flutrinne

###### Von LacZ - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48496034
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## Hochwasservorsorge
Vorsorge ist hochwasserneutral (keine Änderung der Hochwasserparameter) und bisher kaum in KNA betrachtet
| Verhaltensvorsorge | Flächenvorsorge | Bauvorsorge |
| ------------------------------------- | --------------------------------------------- |:-----------------------------------------------------:|
| Verhaltensveränderung der Betroffenen | Zukunftsorientierte Maßnahme | technische Maßnahmen |
| Bewusstsein für Gefährdung schaffen | Flächen in der Nähe des Gewässers frei halten | wasserdichte Wannen für Keller, aufgeständerte Bauten |
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## Kosten- und Nutzenanalyse von Hochwasserschutzmaßnahmen
- Kosten und Nutzen über einen Zeitraum müssen auf einen gemeinsamen Gegenwartswert bezogen werden
- Nutzen nach LAWA: Schutz vor Jahrhunderthochwasser
- Hydraulische Wirkungen sehr gut quantifizierbar;
- Schlecht quantifizierbar und deshalb häufig ausgelassen:
- ökologische Zusatznutzen durch Retentionsflächen
- Verhaltensvorsoge
--> Schwierige Bewertung bei nicht zu Marktpreisen gehandelten Gütern (Ökologische Leistungen)
- erweiterter Kostenvergleich: ökonomische Differenznutzen werden miteinbezogen
- Nutzwertanalyse keine monetäre Nutzenbewertung; Zielerfüllungsgrad jeder Alternative wird betrachtet
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### Klassifizierung von Wirkungen
|Direkte Wirkungen | Indirekte Wirkungen |
| -------- | -------- |
|unmittelbarer Projektzusammenhang | an anderer Stelle; Folgewirkungen |
|Tangible Wirkungen | Intangible Wirkungen|
| -------- | -------- |
|Direkt messbar | Nicht direkt messbar|
|In monetären Einheiten ausdrückbar | Nicht unmittelbar in monetären Einheiten ausdrückbar|
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### Traditionelle Kosten-Nutzen-Abwägung

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# Schadensberechnung
| ex-post Analyse | ex-ante Analyse |
| -------- | -------- |
| Daten aus vergangenen Hochwassern | Ableitung von Schadensfunktionen |
|reale Messwerte |theoretisch/analytisch|
|nicht objektiv |Übertragbarkeit nicht immer gegeben|
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**Schadenspotenzial**
* betrachtung eines Totalschadens
* Vermögenswert auf den betroffenen Flächen wird ermittelt
* bei Hochwassern kommt es jedoch bei uns nicht oft zu einem Totalschaden
**Schädigungsgrad**
* "Was könnte potentiell zerstört werden?"
* Aufstellen von Schadensfunktionen
* Abhängig von Belastungsparametern
* Abhängig von der betrachteten Ebene
* Mikroebene: oft über Wasserstand ermittelter Schaden (Wasserstands-Schadensfunktion)
-> diese Funktion wird aus vorhandenen oder empirisch erhobenen Schadensdaten ermittelt
-> hier wird nur der absolute Schaden betrachtet
* Mesoebene: oft als prozentualer Schaden angegeben und ermittelt
* Makroebene: Bezug auf möglichst öffentlich zugängliche weiträumige statistische Daten
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**Schadenswahrscheinlichkeit**
* Eintrittswahrscheinlichkeit des vorher betrachteten Szenarios wird mit einbezogen
* Integration der Schadenswahrscheinlichkeit ergibt die jährliche **Schadenserwartung**
**Schadenserwartung**
* hochwasserbedingte Kosten, die bei dem bestehenden Schutzstandard theoretisch jährlich anfallen
=> Nutzen ist dann dementsprechend das Geld, welches jährlich gespart wird durch weitere Schutzmaßnahmen
# Gegenwärtige Praxis der KNA
* Hauptaugenmerk auf dem technischen Hochwasserschutz
* unterschiedliche Methoden und Betrachtungstiefen
* Ermittlung des Schadenspotenzials
* großer Schwankungsbereich und Ungenauigkeiten
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# Beispiel einer traditionellen KNA
## Integriertes Donauprogramm
**Ziel:**
* Verbesserung des Hochwassserschutzes der Donau
**Verglichen wurden drei Varianten**
* mehrere Hochwasserrückhaltebecken
* ein Hochwasserrückhaltebecken + örtlicher Schutz anliegender Gemeinden
* beibehaltung des Status quo (Nullvariante)
-> ausschließlich technisch
**betrachtete Hochwasserereignisse:**
* HQ 20, 50, 100, 1000
**betrachtete Auswirkungen:**
* hydrologisch und hydraulisch
-> Abflüsse, überflutete Flächen, Absenkung der Wasserspiegellagen
**betrachtete Ebenen:**
* das gesamte Projektgebiet wurde betrachtet (200km)
-> Mesoebene (regionale Ebene)
**Bewertung:**
* direkte Projektkosten (Investitions- und Betriebskosten)
* direkte Nutzen (verminderter Vermögensschaden, verminderter Wertschöpfungsverlust)
* Personengefährdung (Einteilung der Gefährdeten in drei Gruppen)
->dadurch z.T. Betrachtung indirekter Schäden
* Berechnung von Projektkostenbarwert und Nutzenbarwert
-> mit Hilfe dieser dann KNA mit Entscheidungsgrundlage auf ökonomischer Vorteilhaftigkeit
**Entscheidungsgrundlage:**
* Ereigniss HQ 100
* Herleitung einer volkswirtschaftlich 'optimalen' Variante wurde nicht gemacht
**Defizite dieser Betrachtung**
* nur technische Hochwasserschutzmaßnahmen betrachtet
* indirekte Wirkungen nahezu komplett vernachlässigt
* keine alternativen Schutzniveaus
* mögliche Effekte über den betrachteten Raum wurden nicht erörtert
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# Direkte Nutzen
**Verminderung von indirekten tangiblen Schäden**
* Bsp: Betriebsausfall durch Hochwasser
* Abhängig von mehreren Faktoren
* Nicht nur vom Hochwasser betroffene Betriebe werden betrachtet, sondern auch umliegende
* Fallstudie zur Auswirkung der Überflutung der Themse
* Sekundäre Verluste größtenteils abhängig von wirtschaftlicher Struktur
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**Verminderung intangible Schäden**
* Bewertung nicht möglich, solange kein Bewertungsverfahren entwickelt wurde
* Schäden wie Angst, Stress und gesundheitliche Beeinträchtigungen
* Versuche zur monetären Bewertung im angelsächsischen Bereich
* monetärer Verlust wird mit intagiblen Schäden in Beziehung gesetzt
* Aufgrund fehlender Bewertungsmethoden wird oftmals nur geringe Entschädigung erreicht
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**Verminderung direkter Schäden**
* Einbeziehung der Effekte durch Hochwasservorsorgemaßnahmen
* Wird oftmals nicht in ökonomische Bewertung aufgenommen
* Flächenvorsorge stellt Instrument des Staates bzw. der Kommunen dar
* Bau- und Nutzungsvorschriften als weitere Möglichkeiten der Schadensbegrenzung
* Gefahrenkarten bilden Grundstein für Maßnahmen zur Schadensverringerung an Gebäuden
* Vorwarnzeit als wichtiger Faktor zur Schadensbegrenzung

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# Indirekte Nutzen
- Bezieht sich vor allem auf Wasserrückhaltung im Einzugsgebiet/Gewässernetz
- Da es sich häufig um Überschwemmungsflächen handelt, kommt es zu Flächennutzungsdiskussion
- Überschwemmungsflächen können nur bedingt lokal wirken, viel mehr muss für ihren Nutzen und ihren Erfolg der gesamte Flusslauf betrachtet werden
- Welche indirekten Nutzen? (Erholungsflächen, Einfluss auf das Ökosystem, Renaturierung von Überschwemmungsauen)
- Die Ergebnisse fallen signifikant anders aus, wenn soziale Einflüsse mit berücksichtigt werden
- Die Bevölkerung ist im Umgang mit Hochwasserschutzmaßnahmen nur bedingt vertraut
- Den politischen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen
- Größe des Einflussgebietes in dem Schaden angerichtet werden kann
- In welchem Umfang der indirekte Nutzen der Wasserrückhalteflächen auch tatsächlich genutzt wird
- Auswirkungen auf die ansässige Landwirtschaft
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**Indirekte Kosten**
- Die KNA muss um die Kosten für die indirekten Wirkungen erweitert werden
- Vergleich der Kosten von Flächen, die für den gleichen Verwendungszweck errichtet werden
- Ableitung aus Direktbefragung oder Zahlungsbereitschaft und Besucherzahl
- Vergleich mit Kosten ähnlicher technischer Prozesse (Referenzprozesse, z.B. Stickstoffretention in natürlichen Feuchtgebieten zu Denitrifikation in Kläranlagen)
- Benefit Transfer
- Dazu werden die monetären Werte von Umweltgütern aus früheren Studien analysiert und auf den aktuellen Kontext bezogen und abgewandelt
- Wie hoch sind die Kosten, die sonst mit anderer Nutzung der Fläche erwirtschaftet werden könnte
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### Übersicht der Kosten und Nutzen von Hochwasserschutzmaßnahmen ###

(Kosten-Nutzen-Analyse von Hochwasserschutzmaßnahmen. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt, 2008.)
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### Vergleich von ausgewählten Studien zu Hochwasserschutzmaßnahmen aus verschiedenen Bundesländern

Eigene Darstellung. Daten aus: Dehnhardt, A. et al. (2008): Kosten-Nutzen-Analyse von Hochwasserschutzmaßnahmen. Hg. v. Umweltbundesamt.
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# Schwierigkeiten und Begrenzungen der Bewertung
* Abhängig von vielen Faktoren, Komplexitätsreduktion wird benötigt
* Bewertung soll auf makro bzw. mesoskaliger Ebene erfolgen
* Grundsätzliche Probleme einer umfassenden Bewertung sind Datenverfügbarkeit und Aufwand
* Kosten auf mikroskaliger Ebene können in KNA eingebunden werden
* Entscheidend für Aufnahmne in die KNA ist anhand von Untersuchungen auf strategischer Ebene abzuleiten
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