# Fall 4 - Recht auf Gesundheit
Note:
- aus didaktischen Gründen Schutzpflichten-Konstellation beibehalten
- das BVerfG wählt eine so ungewöhnliche rechtliche Behandlung, dass Diskussion abgewartet werden muss
- die Argumente sind jedoch dieselben
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Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) in Kraft getreten
L (16 Jahre) hält Gesetz für völlig ungeeignet, um dem Klimawandel und dessen Folgen angemessen zu begegnen
L rügt die Verletzung ihrer Grundrechte durch das unzureichende Handeln des Gesetzgebers in Form der §§ 1, 3 I, 4 i.V.m. Anlagen 1 und 2 des KSG.
**Hat die Verfassungsbeschwerde der L Aussicht auf Erfolg?**
Note:
- Kipppunkte beim Klimawandel (Permafrost)
- Begrenzung auf 1,5 °C - wenn Restbudget an CO2 eingehalten wird
- in den nächsten 20-30 Jahren extreme Ereignisse
- Gesetz reicht nicht aus, um Budget langfristig einzuhalten (Emissionen pro Jahr zu hoch) --> Folge wären drastische Kürzungen ab 2025
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**Bearbeitungshinweis**
Gehen Sie im Rahmen Ihrer Bearbeitung von der Richtigkeit der im Sachverhalt wiedergegebenen wissenschaftlichen Aussagen aus. Legen Sie ferner Ihrer Bearbeitung zugrunde, dass eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C aus wissenschaftlicher Perspektive noch möglich ist.
Die Grundrechtsprüfung ist auf Art. 2 II 1 GG zu begrenzen. Ebenso sind Normen des Unionsrechts oder der EMRK außer Acht zu lassen.
Grundlage des zu erstellenden Gutachtens sind nur die im Text benannten Normen des KSG. Daher ist insbesondere § 4 I 7 KSG nicht zu berücksichtigen. Auf Beweislastfragen sowie Fragen der Kausalität zwischen Handlungen einzelner Staaten und spezifischen Klimawandelfolgen ist nicht einzugehen.
Note:
- Materie ist komplex
- Hohe Problemdichte in der Zulässigkeit ist ungewöhlich
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**Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie begründet ist.**
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## A. Zulässigkeit
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### I. Zuständigkeit
Das BVerfG ist für Verfassungsbeschwerden gemäß Art. 93 I Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a, §§ 90 ff. BVerfGG zuständig.
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### II. Beteiligten- und Prozessfähigkeit
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#### 1. Beschwerdefähigkeit
beschwerdefähig ist grds. jedermann
jedermann ist, wer Träger:in von Grundrechten sein kann
bei natürlichen Personen unproblematisch
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#### 2. Prozessfähigkeit
Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst vorzunehmen oder durch selbstgewählte Vertreter vornehmen zu lassen
Grundrechtsmündigkeit entscheidend
Reife und Einsichtsfähigkeit in Bezug auf das konkrete Grundrecht
L (16) Recht auf körperliche Unversertheit
Note:
- SV auslegen: Diskussion des Ausmaßes, Stellung beziehen
- typisch für Klimaklagen - auf europäischer Ebene ist der jüngste Kläger (einer Gruppe) acht Jahre alt
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### III. Beschwerdegegenstand
jeder Akt öffentlicher Gewalt, Art. 1 III GG, sowohl aktives Tun, als auch Unterlassen
Echtes / Unechtes legislatives Unterlassen
unzureichende Regelung der §§ 1, 3 I, 4 i.V.m. Anlagen 1 und 2 des Klimaschutzgesetzes
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### IV. Beschwerdebefugnis
Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
eigene, gegenwärtige und unmittelbare Beschwer
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#### 1. Möglichkeit der Grundrechtsverletzung
Möglichkeitstheorie
Trifft Staat Handlungspflicht?
Schutzpflichtdimension aus Art. 2 II 1 GG
Note:
- Besonderheit: Gerügt wird Unterlassen
- Schutzpflichtverstoß?
- Untermaßverbot: Ungeeignet / unzulängliche Maßnahmen
- Auch hier nur die **Möglichkeit** ausreichend
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Im **Klimabeschluss** aus dem März 2021:
- nicht Schutzpflichten, sondern "intertemporale Freiheitssicherung"
- ab dem Jahr 2031 muss sehr viel CO2 eingespart werden
- zukünftige Beeinträchtigung von Freiheitsrechten ist schon jetzt relevant
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#### 2. Eigene, gegenwärtige, unmittelbare Beschwer
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##### a) Selbstbetroffenheit
Eigene mögliche Rechtsverletzung muss dargetan werden
potentielle Gefährdungen, von denen sie möglicherweise selbst betroffen ist
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> "Es handelt sich auch nicht um unzulässige sogenannte Popularverfassungsbeschwerden. Allein der Umstand, dass eine sehr große Zahl von Personen betroffen ist, steht einer individuellen Grundrechtsbetroffenheit nicht entgegen [...] Im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird eine über die bloße eigene Betroffenheit hinausgehende besondere Betroffenheit, die die Beschwerdeführenden von der Allgemeinheit abheben würde, regelmäßig nicht verlangt."
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 110.)
Note:
(Hinzutretende) Betroffenheit anderer Personen ist für die eigene Betroffenheit unerheblich
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##### b) Gegenwärtige Betroffenheit
Norm muss Wirkung aktuell und nicht nur potenziell entfalten
Problem: hier zukünftige Beeinträchtigungen
Anforderungen in Fällen zukünftiger Betroffenheit richten sich nach Rechtsgut
Art. 2 II 1 GG - hohes verfassungsrechtliches Schutzgut betroffen
Anforderungen daher niedrig
Note:
- bei Gefahren, die in der Zukunft liegen, sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit umso geringer, je schlimmer die möglichen Folgen bewertet werden
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> "Der Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes kann hier nicht mit dem Hinweis entgegnet werden, das Risiko eines künftigen Schadens stelle nicht schon gegenwärtig einen Schaden und mithin keine Grundrechtsverletzung dar. Auch Regelungen, die erst im Laufe ihrer Vollziehung zu einer nicht unerheblichen Grundrechtsgefährdung führen, können selbst schon mit dem Grundgesetz in Widerspruch geraten [...] Dies gilt jedenfalls dann, wenn der einmal in Gang gesetzte Verlauf nicht mehr korrigierbar ist"
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 108)
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##### c) Unmittelbare Betroffenheit
Klimaschutzziele bestimmen über das anzustrebende Reduktionsniveau
Ausschluss aufgrund kumulativer Kausalität?
deutsche Staatsgewalt ist mitursächlich
hoher Verursachungsbeitrag
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> "Hier droht die eigentliche Grundrechtsbeeinträchtigung zwar erst infolge zukünftiger Regelungen (oben Rn. 120). Weil sie jedoch im jetzigen Recht unumkehrbar angelegt ist, ist die Unmittelbarkeit der Betroffenheit heute zu bejahen."
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 133)
Note:
- bei solch umfassenden Ausführungen - Zwischenergebnis
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### V. Rechtswegerschöpfung und Grundsatz der Subsidiarität, § 90 II 1 BVerfGG
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#### 1. Rechtswegerschöpfung
gegen Gesetze ist kein Rechtsweg gegeben
im Falle des gesetzgeberischen Unterlassens Rechtswegserschöpfung daher keine Bedeutung
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#### 2. Grundsatz der Subsidiarität
zunächst inzidente fachgerichtliche Klärung?
keine verbesserte Entscheidungsgrundlage für das BVerfG zu erwarten
Note:
- die Fakten sind klar - eine fachgerichtliche Klärung würde nichts bringen
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### VI. Form und Frist
Form und Frist wurden gewahrt, §§ 23 I, 93 III BVerfGG
Note:
- hier gilt die Jahresfrist (da gegen eine tatsächlich erlassene Norm vorgegangen wird = "unechtes Unterlassen")
- bei "echtem Unterlassen" (gar kein Gesetz) - gelten keine Fristen - Beschwerde solange möglich, wie das Unterlassen andauert
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### VII. Zwischenergebnis
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig
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## B. Begründetheit
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit L dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 2 II 1 GG verletzt ist. Eine solche Verletzung könnte sich vorliegend zu einen daraus ergeben, dass das vom Gesetzgeber verabschiedete KSG die legislative Schutzpflicht ungenügend erfüllt und zum anderen, dass es eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der abwehrrechtlichen Dimension des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt.
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:exclamation: Das Schema für die Prüfung eines Grundrechts als Abwehrrecht ist auf die vorliegende Schutzpflichtkonstellation *nicht* übertragbar. Vielmehr muss nach folgenden Schema vorgegangen werden:
**1. Schutzrechtlicher Gehalt des Grundrechts**
a) Berührt die Tätigkeit/gesellschaftliche Entwicklung den Schutzbereich des Grundrechts?
b) Hat sich eine bestehende Schutzpflicht zu einem Schutzanspruch nach den konkreten Umständen verdichtet?
**2. Erfüllung der Schutzpflicht**
a) Feststellung der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte
b) Beachtung des Untermaßverbots?
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> "Ob ausreichende Maßnahmen getroffen sind, um grundrechtliche Schutzpflichten zu erfüllen, ist verfassungsgerichtlich nur begrenzt überprüfbar [...] Die aus den Grundrechten folgenden subjektiven Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe einerseits und die sich aus der objektiven Bedeutung der Grundrechte ergebenden Schutzpflichten andererseits unterscheiden sich insofern grundlegend voneinander, als das Abwehrrecht in Zielsetzung und Inhalt ein bestimmtes staatliches Verhalten verbietet, während die Schutzpflicht grundsätzlich ==unbestimmt== ist."
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> "Die Entscheidung, in welcher Weise Gefahren entgegengewirkt werden soll, die Aufstellung eines Schutzkonzepts und dessen normative Umsetzung sind Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein ==Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum== zukommt, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen [...]
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> "Damit liegt, wenn eine Schutzpflicht dem Grunde nach besteht, die Frage der Wirksamkeit staatlicher Schutzmaßnahmen allerdings nicht außerhalb verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Das Bundesverfassungsgericht stellt die Verletzung einer Schutzpflicht dann fest, wenn Schutzvorkehrungen entweder ==überhaupt nicht getroffen== sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen ==offensichtlich ungeeignet== oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben [...]"
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 152)
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### I. Verletzung von Art. 2 II 1 GG
#### 1. Schutzrechtlicher Gehalt des Grundrechts
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##### a) Schutzgüter des Art. 2 II 1 GG
Recht auf Leben ( biologisch-physische Existenz, d.h. das körperliche Dasein eines jeden Menschen Menschen)
Recht auf körperliche Unversertheit (körperliche Integrität in biologisch-physischer Hinsicht)
Betroffenheit durch Klimawandel möglich
Note:
- Hitze, Extremwetter, Krankheiten, Luftverschmutzung
- höhere Sterblichkeit als Folge
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##### b) Verdichtung einer objektiven Schutzpflicht zu einem Schutzanspruch
positive Schutzfunktion der Grundrechte / objektive Wertordnung
Überschreitung von Gefährdungsschwelle nötig, damit Schutzpflicht eintritt
absolute Sicherheit hinsichtlich des Gefahreintritts nicht nötig
"Kipppunkte"
Note:
- Entscheidend: nur eine abstrakte Möglichkeit oder hohe Wahrscheinlichkeit?
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#### 2. Erfüllung der Schutzpflicht
##### a) verfassungsrechtliche Kontrolldichte
Einschätzungs- Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
Untermaßverbot
bloße Evidenzkontrolle bis hin zur **umfassenden inhaltlichen Prüfung**
Note:
- es gibt so viele unterschiedliche Maßnahmen um ein Ziel zu erreichen (Gewaltenteilung, Wissenszugang, Demokratie)
- hier allerdings gewichtige Rechtsgüter betroffen + solide wissenschaftliche Erkenntnisse
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> "Das Bundesverfassungsgericht stellt die Verletzung einer Schutzpflicht dann fest, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben."
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 152.)
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##### b) Beachtung des Untermaßverbots
stellen die Normen des KSG einen wirksamen Mindestschutz dar?
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###### aa) Bestimmung Mindestschutzumfang
maßgeblich für Bestimmung: Art, Umfang, Ausmaß der möglichen Gefahren, Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgutes, vorhandenen Reglungen, entgegenstehende öffentliche Interessen / Grundrechte Dritter
Leben und körperliche Unversertheit hohe Schutzgüter
Intensität, globale Dimension, irreversibler Charakter
Begrenzung auf Erderwärmung bis 1,5 Grad notwendiges Minimum
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###### bb) Verfehlung des Mindestschutzumfanges
Maßnahmen KSG müssten geeigent sein, Mindestschutz zu erreichen
1,5°C Grenze richtet sich an Staatengemeinschaft
dagegen spricht, dass KSG auf 1,5°C Grenze Bezug nimmt
Vorschriften werden dem jedoch nicht gerecht
Note:
- nur die Staatengemeinschaft gemeinsam kann effektiv gegen den Klimawandel vorgehen
- daraus ergibt sich umgekehrt die Pflicht, aktiv gegen den Klimawandel vorzugehen (Einbindung in die Staatengemeinschaft)
- Problem: Wie berechnet sich Deutschlands CO2-Budget (nicht wissenschaftlich, sondern auch politisch: starke Emmissionen in der Vergangenheit, hoher Wohlstand)
- Selbst die konservativste Berechnung erfüllt die Verpflichtungen Deutschlands nicht
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#### 3. Zwischenergebnis
Der Gesetzgeber hat mit/trotz Erlass des KSG seine grundrechtliche Schutzpflicht nicht erfüllt.
L wird aufgrund der ungenügenden gesetzlichen Regelungen in ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt. Ihre Verfassungsbeschwerde gegen das unechte Unterlassen in Form der §§ 1, 3 I, 4 i.V.m. Anlagen 1 und 2 des KSG ist mithin begründet.
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***Ergänzungen aus dem "Klimabeschluss" des BVerfG vom 24.3.2021 - Hinweis auf dogmatische Neuerungen***
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Vorliegend könnten die Regelungen der §§ 3, 4 KSG i.V.m. Anlage 2 zudem gegen Freiheitsrechte der L verstoßen.
Eine Grundrechtsverletzung liegt bei Freiheitsrechten dann vor, wenn durch die gesetzliche Regelung in den Schutzbereich eingegriffen wird, ohne dass dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
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**II. Verletzung von intertemporalen Freiheitsrechten**
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**1. Schutzbereich**
Art. 2 I GG schützt als allgemeine Handlungsfreiheit jede Form menschlicher Betätigung
keine Festlegung auf bestimmte Freiheitsrechte vorgenommen
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**2. Eingriff**
Regelungen lassen derzeit Verhaltensweisen mit hohen CO2 Ausstoß zu
kein klassischer / moderner Eingriff
aber: **"eingriffsähnliche Vorwirkung" - Art. 20a GG verpflichtet zum Klimaschutz**
CO2-Restbudget droht unbillig verbraucht zu werden
nach 2030 so kaum noch verbleibende Möglichkeiten von der verbürgten Freiheit Gebrauch zu machen
Note:
- weil Art. 20a GG ab 2030 umso drastischere Maßnahmen fordern wird, die Freiheitsrechte noch weiter verkürzen
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**3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung**
Diese rechtlich vermittelte eingriffsähnliche Vorwirkung aktueller Emissionsmengenregelungen bedarf wegen der gegenwärtig weitestgehend irreversiblen Wirkung der einmal zugelassenen und in die Erdatmosphäre gelangten Emissionsmengen bereits heute verfassungsrechtlicher Rechtfertigung.
Die Regelungen der §§ 3, 4 KSG i.V.m. Anlage 2 müssten zum einen mit elementaren Grundentscheidungen des Grundgesetzes vereinbar sein und zum anderen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen.
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**a. Vereinbarkeit mit Art. 20 a GG**
Art. 20a GG fordert Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen
Klimaschutzgebot zielt auf Einhaltung der Temperaturschwelle
20a GG zwar objektives Verfassungsrecht, dennoch aber justiziabel (d.h. das Klimaschutzgebot ist im Rahmen von Eingriffen berücksichtigen)
Note:
- Verpflichtung, Restbudget vorsichtig einzusetzen
- globale Ungewissheiten (Kipppunkte), wieviel Restbudget wir überhaupt haben
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**b. Verhältnismäßigkeit**
> "Zwar können selbst gravierende Freiheitseinbußen künftig zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und gerechtfertigt sein; gerade aus dieser künftigen Rechtfertigbarkeit droht ja die Gefahr, erhebliche Freiheitseinbußen hinnehmen zu müssen (oben Rn. 117, 120). Weil die Weichen für künftige Freiheitsbelastungen aber bereits durch die aktuelle Regelung zulässiger Emissionsmengen gestellt werden, muss deren ==Auswirkung auf künftige Freiheit aus heutiger Sicht== und zum jetzigen Zeitpunkt - in dem die Weichen noch umgestellt werden können - verhältnismäßig sein."
(BVerfG Beschl. v. 24.3.2021 – 1 BvR 288/20, BeckRS 2021, 8946 Rn. 192)
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:exclamation: keine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung
Kernfrage: Welche Maßnahmen sind **jetzt** notwendig, um die Balance **zwischen den Generationen** einzuhalten?
- nachfolgenden Generationen darf keine unzumutbar hohe Reduktionslast auferlegt werden - durch die bis zum Jahr 2030 vorgesehenen Reduktionsmengen werden verbleibenden Mengen erheblich reduziert
- Emissionsmengen nur bis 2030 festgelegt
- die dann notwendigen heftigen Umstellungen müssten (eigentlich) langfristig geplant werden
Note:
besonderer Verhältnismäßigkeitsmaßstab im Zusammenhang intertemporaler Freiheitssicherung
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**4. Zwischenergebnis**
Aus diesen Gründen verletzt die eingriffsähnliche Vorwirkung der §§ 3 I 2, 4 I 3 KSG i.V.m. Anlage 2 die beschwerdeführende L bereits jetzt in unverhältnismäßiger Weise in ihren zukünftigen Freiheitsrechten.
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**Endergebnis**
Die gerügten Normen des KSG verletzen L damit in zweierlei Hinsicht in ihren Grundrechten.
Zum einen hat der Gesetzgeber mit Erlass des KSG seine grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 II 1 GG nicht erfüllt.
Zum anderen verletzt er durch dessen eingriffsähnliche Vorwirkung gleichsam L in ihren intertemporalen Freiheitsrechten.
Die Verfassungsbeschwerde der L ist somit zulässig und begründet. Sie hat Aussicht auf Erfolg.
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**Vielen Dank!**
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