# Intermediäre eröffnen Geschäftschancen und fördern Wachstum
* Abschnitt 2.4.1 "Intermediäre eröffnen Geschäftschancen und fördern Wachstum" in Kapitel 2 "Daten zugänglich machen und nutzen"
* Lead-Autor Christoph Fabianek (OwnYourData), Review: Kerstin Waxnegger (Know-Center)
## Struktur
**Einleitung**
* *Arten von Intermediären*
cite: Micheli, M., Farrell, E., Carballa-Smichowski, B., Posada-Sánchez, M., Signorelli, S., Vespe, M., Mapping the landscape of data intermediaries — Emerging models for more inclusive data governance, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2023, doi:10.2760/261724, JRC133988.
Im Kontext wachsender Machtasymmetrien im digitalen Datenökosystem analysiert der Bericht des Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission zentrale Typen sogenannter Datenintermediäre, die als alternative Modelle zur derzeit dominierenden datenökonomischen Praxis fungieren können. Sechs Haupttypen von Datenintermediären werden dabei identifiziert:
1. **Personal Information Management Systems (PIMS)** dienen primär Einzelpersonen zur Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten. Sie ermöglichen die zentrale Verwaltung, Einsichtnahme und Freigabe dieser Daten durch technische Lösungen, meist über nutzerfreundliche Plattformen.
2. **Datenkooperativen** sind genossenschaftlich organisierte Zusammenschlüsse von Individuen oder Organisationen, die gemeinsam über Datennutzung und -zugang entscheiden. Sie ermöglichen kollektive Mitsprache über die Wertschöpfung aus Daten und sollen gerechtere Verteilung fördern.
3. **Datentreuhänder (Data Trusts)** stellen juristische Strukturen dar, in denen ein Treuhänder Daten im Auftrag und zum Wohle Dritter verwaltet. Die Governance erfolgt über treuhänderische Prinzipien, was Neutralität und Datenschutz stärken soll.
4. **Datengewerkschaften (Data Unions)** fokussieren sich auf die kollektive Verhandlung von Rechten über Daten, die von Einzelpersonen generiert werden. Sie stärken individuelle Verhandlungsmacht gegenüber datenverarbeitenden Unternehmen.
5. **Datenmarktplätze** sind wirtschaftlich ausgerichtete Plattformen, die Transaktionen zwischen Datenanbietern und -nutzern ermöglichen. Hier steht der Datenhandel im Vordergrund, oft gegen monetäre Gegenleistung.
6. **Datenpools** sind kollaborative Datenräume, in denen verschiedene Akteure (z. B. Unternehmen oder öffentliche Institutionen) Daten gemeinsam nutzen, um sektorale oder interorganisationale Innovation zu fördern.
Die Modelle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer rechtlichen Struktur, Governance-Form, Zielsetzung (wirtschaftlich vs. gemeinwohlorientiert) sowie dem Grad der Partizipation von Individuen und Kollektiven. Eine zentrale Herausforderung liegt in der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, insbesondere bei nicht-kommerziellen Modellen, da tragfähige Geschäftsmodelle oft fehlen. Zudem bestehen regulatorische Unsicherheiten, etwa im Hinblick auf die Neutralitätsanforderungen des Data Governance Acts (DGA).
* *Definition und Rolle von Datenintermediären gemäß dem Data Governance Act (DGA)*
Im Rahmen des DGA erhalten bestimmte Datenintermediäre einen formalen Status als „Data Intermediation Services Provider“ (DISP), sofern kommerzielle Datenvermittlungsdienste unter Einhaltung klarer Neutralitäts- und Transparenzanforderungen angeboten werden. Parallel dazu regelt der DGA auch Datenaltruismus-Organisationen, die Daten freiwillig und gemeinwohlorientiert bereitstellen (siehe nächster Abschnitt).
Datenintermediäre sollen eine inklusivere Daten-Governance ermöglichen, indem sie eine gerechtere Verteilung von Kontrolle, Nutzen und Risiken bei der Datennutzung fördern. Sie bieten technische und rechtliche Mechanismen zur Erhöhung von Vertrauen und Partizipation, was insbesondere im europäischen Kontext mit seinen menschenzentrierten Werten als zentral gilt.
* *Bedeutung von Data Intermediation Service Providern (DISP) für sichere und souveräne Datenökosysteme*
Datenintermediäre (DISPs) nehmen im Rahmen der europäischen Datenpolitik eine zentrale Rolle ein, da sie als neutrale Vermittler zwischen Dateninhabern und -nutzern fungieren. Gemäß des DGA sind DISPs verpflichtet, kommerzielle Beziehungen zur Datennutzung zu ermöglichen, ohne selbst ökonomisches Interesse an den vermittelten Daten zu haben. Diese Trennung schafft Vertrauen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Interessenskonflikte. Durch technische, organisatorische und rechtliche Vorkehrungen sollen DISPs die sichere Handhabung sensibler Daten gewährleisten und tragen so zur Schaffung vertrauenswürdiger Datenräume bei.
Ein zentrales Element souveräner Datenökosysteme ist die Fähigkeit der Beteiligten, Kontrolle über Datenflüsse auszuüben und auf faire, transparente Weise an der Wertschöpfung teilzunehmen. Datenintermediäre ermöglichen dies, indem sie die Datenhoheit von Individuen, kleinen Unternehmen und Organisationen stärken. Sie schaffen Strukturen, in denen Daten nicht länger exklusiv von dominanten Plattformakteuren kontrolliert werden, sondern über faire Intermediationsmechanismen zugänglich gemacht werden können. Dadurch fördern sie einen gleichberechtigten Zugang zu Daten und helfen, bestehende Machtasymmetrien im digitalen Raum zu verringern.
DISPs leisten auch einen Beitrag zur Datensouveränität im europäischen Kontext, indem sie die technische Interoperabilität und rechtliche Konformität mit europäischen Normen sicherstellen. Als von der EU anerkannte Akteure unterliegen sie strengen Anforderungen an Transparenz, Sicherheit und Unabhängigkeit. Dies schafft einen klaren Rahmen für rechtskonforme Datenweitergabe, insbesondere über sektorale und nationale Grenzen hinweg. Damit stärken sie nicht nur die digitale Souveränität Europas, sondern tragen zur wirtschaftlichen Resilienz bei, indem sie Innovation in einer vertrauenswürdigen Umgebung fördern.
* *Abgrenzung zu kommerziellen Datenhändlern: Neutralität und Unabhängigkeit als Kernprinzipien*
Im Gegensatz zu kommerziellen Datenhändlern, deren Geschäftsmodell auf der Monetarisierung und Weiterveräußerung von Daten basiert, verpflichten sich Data Intermediation Service Provider im Sinne des DGA zur strikten Neutralität und Unabhängigkeit. Sie agieren ausschließlich als Vermittler, ohne eigene wirtschaftliche Interessen an den vermittelten Daten zu verfolgen. Der DGA verlangt eine klare strukturelle Trennung zwischen Intermediationsdienstleistungen und anderen datengestützten Geschäftsaktivitäten. Diese Trennung soll sicherstellen, dass DISPs keine Anreize haben, Daten auszubeuten oder zum Nachteil von Dateninhabern weiterzugeben. Die Neutralitätspflicht schützt somit die Integrität der Datenökosysteme und unterscheidet DISPs grundlegend von klassischen Datenbrokern, die häufig intransparent operieren und asymmetrische Machtverhältnisse im digitalen Raum verstärken.
**Rechtlicher Rahmen und Anforderungen an Datenintermediäre**
* *Regulierung durch den EU Data Governance Act (DGA): Anforderungen an die Neutralität und Unabhängigkeit von Intermediären, Registrierungspflicht und Aufsicht durch nationale Behörden*
Data Intermediation Service Provider (DISP) unterliegen im europäischen Kontext einem klaren rechtlichen Rahmen, der durch die EU-Verordnung 2022/868, den Data Governance Act (DGA), definiert wird. Dieser verpflichtet Anbieter von Datenvermittlungsdiensten zur strikten Neutralität und Unabhängigkeit. Sie dürfen die ihnen anvertrauten Daten ausschließlich für den Zweck der Vermittlung zwischen Dateninhabern und -nutzern nutzen und müssen organisatorisch und rechtlich von anderen Geschäftstätigkeiten getrennt sein. Die Dienste dürfen nicht mit anderen Leistungen desselben Anbieters verknüpft oder von deren Nutzung abhängig gemacht werden. Um Markttransparenz und Vertrauen zu gewährleisten, ist eine Registrierung der DISPs bei einer nationalen zuständigen Behörde vorgeschrieben, welche die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben überwacht. Zudem müssen DISPs Maßnahmen zur Interoperabilität, zur Verhinderung missbräuchlicher Nutzung sowie zur Gewährleistung von Kontinuität im Insolvenzfall umsetzen.
* *Datenschutzrechtliche Verpflichtungen: Einhaltung der DSGVO bei der Vermittlung personenbezogener Daten, Sicherstellung der Datenhoheit für Nutzer und Unternehmen*
Neben der allgemeinen Governance unterliegt die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Datenintermediäre den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Diese verlangt, dass alle Aktivitäten, bei denen personenbezogene Daten strukturiert, übermittelt oder gespeichert werden, auf einer klaren rechtlichen Grundlage beruhen, den Prinzipien von Privacy by Design folgen und die Rechte der betroffenen Personen, wie etwa Auskunft, Löschung oder Widerspruch, gewahrt bleiben. Intermediäre, die personenbezogene Daten vermitteln oder zusätzliche Dienste wie Pseudonymisierung, Anonymisierung oder Datenkonvertierung bereitstellen, dürfen dies nur mit expliziter Zustimmung der Betroffenen tun.
Konkret formuliert Artikel 12 des DGA folgende Bedingungen für die Erbringung von Datenvermittlungsdiensten:
* **Neutralität und Unabhängigkeit:** DISPs dürfen keine eigenen wirtschaftlichen Interessen an den vermittelten Daten haben und müssen organisatorisch und rechtlich von anderen Geschäftstätigkeiten getrennt agieren.
* **Separate Rechtseinheit:** Die Vermittlungsdienste müssen über eine eigene juristische Person betrieben werden, getrennt von etwaigen anderen Dienstleistungen des Anbieters.
* **Verbot der Kopplung mit anderen Diensten:** Die Inanspruchnahme der Vermittlungsdienste darf nicht von der Nutzung anderer Dienste desselben Anbieters abhängig gemacht werden.
* **Registrierungspflicht:** Anbieter müssen sich bei der zuständigen nationalen Behörde registrieren lassen, bevor sie Dienste aufnehmen. Die Behörde führt ein öffentliches Verzeichnis zugelassener DISPs.
* **Überwachung und Aufsicht:** Nationale Behörden kontrollieren die Einhaltung der DGA-Vorgaben, insbesondere hinsichtlich Neutralität, Sicherheit und Transparenz.
* **Transparente und faire Bedingungen:** Zugangsbedingungen, Preise und Nutzungsbedingungen müssen diskriminierungsfrei, fair und öffentlich einsehbar sein.
* **Sicherstellung der Datenhoheit:** Nutzer (Dateninhaber) müssen jederzeit Einsicht in ihre Datenaktivitäten haben und Kontrolle über Zugriffe sowie Datenverwendung behalten.
* **Datenschutzkonformität (DSGVO):** Bei personenbezogenen Daten sind alle Anforderungen der DSGVO einzuhalten – etwa Einwilligung, Zweckbindung, Datenminimierung und Betroffenenrechte.
* **Protokollierungspflicht:** Alle Intermediationsvorgänge müssen dokumentiert werden (z. B. über Log-Dateien mit Metadaten), um Nachvollziehbarkeit und Auditierbarkeit sicherzustellen.
* **Datenformattreue und Interoperabilität:** Daten müssen im Originalformat bereitgestellt werden, es sei denn, eine Umwandlung dient der Interoperabilität und der Nutzer stimmt dem zu.
* **Technische Sicherheitsmaßnahmen:** Es müssen wirksame Schutzmechanismen wie sichere Datenübertragung, Zugriffskontrollen und Verschlüsselung implementiert werden, um unbefugte Zugriffe und Datenmissbrauch zu verhindern.
* **Mechanismen bei Insolvenz:** DISPs müssen sicherstellen, dass Daten im Fall der Zahlungsunfähigkeit zugänglich bleiben und ggf. migriert werden können.
* **Verhinderung missbräuchlicher Nutzung:** Es müssen Prozesse etabliert sein, um Betrug, Missbrauch und unbefugten Zugriff zu erkennen und zu unterbinden.
* **Transparente Nutzeraufklärung:** Vor Einwilligung ist eine klare, verständliche und zugängliche Information über Zweck, Verwendung und Rechte bereitzustellen.
* **Widerrufs- und Opt-out-Möglichkeiten:** Nutzer müssen jederzeit Einwilligungen und Nutzungsrechte widerrufen können; dies erfordert entsprechende technische Schnittstellen (z. B. Dashboards).
* **Informationspflicht bei Datenschutzverstößen:** Dateninhaber sind unverzüglich über unbefugte Zugriffe, Datenverluste oder Verstöße zu informieren.
* **Förderung von Interoperabilität:** Die Nutzung offener Standards und APIs (z. B. REST, JSON/XML) zur Sicherstellung sektorübergreifender Datenflüsse ist verpflichtend.
Diese Anforderungen bilden das regulatorische Fundament für vertrauenswürdige, transparente und rechtskonforme Datenvermittlungsdienste und sollen gewährleisten, dass Data Intermediation Service Provider eine zentrale Rolle in einem souveränen und fairen europäischen Datenökosystem einnehmen können.
**Geschäftschancen durch Datenintermediäre**
* Vereinfachung des sicheren Datenaustauschs: Ermöglichung von vertrauenswürdigen Datenräumen für Unternehmen, Forschung und Behörden, Interoperabilität und Standardisierung für effizientere Datenverarbeitung
* Entwicklung neuer datengetriebener Geschäftsmodelle: Förderung von Datenmarktplätzen für verschiedene Branchen (z. B. Energie, Mobilität, Industrie 4.0), Schaffung von Daten-Cooperatives für KMU und Start-ups
* Wachstumsförderung durch Innovationen: Zugang zu hochwertigen Daten für Künstliche Intelligenz und datengetriebene Geschäftsentscheidungen, Nutzung von Datenpools für Forschungs- und Entwicklungszwecke
Datenintermediäre eröffnen vielfältige wirtschaftliche Chancen, indem sie vertrauenswürdige Infrastrukturen für den sicheren und transparenten Datenaustausch schaffen. Durch die Etablierung gemeinsamer Regeln, technischer Standards und Governance-Mechanismen ermöglichen sie die Bildung sektorübergreifender Datenräume, in denen Unternehmen, öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen Daten effizienter teilen und nutzen können. Diese vertrauenswürdigen Umgebungen sind ein Grundpfeiler für die Vision eines einheitlichen europäischen Datenraums, wie ihn die EU-Strategie für Daten vorsieht. Interoperabilität und Standardisierung spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie systemübergreifende Datenflüsse erleichtern und die Wiederverwendbarkeit von Daten steigern.
Ein wesentlicher wirtschaftlicher Mehrwert entsteht durch die Entwicklung neuer datengetriebener Geschäftsmodelle. Datenintermediäre wie Datenmarktplätze oder Datentreuhänder ermöglichen es Unternehmen, insbesondere in datenintensiven Branchen wie Energie, Mobilität oder Industrie 4.0, Daten als wirtschaftliches Gut zu handeln oder gemeinsam zu nutzen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups bieten insbesondere Datenkooperativen eine Möglichkeit, Datenressourcen gemeinschaftlich zu verwalten und auf dieser Basis innovative Services zu entwickeln. Diese kollektiven Modelle können zu einer gerechteren Verteilung von Datenwertschöpfung beitragen und neue Marktteilnehmer aktiv in datenbasierte Wertschöpfungsketten integrieren.
Darüber hinaus stärken Datenintermediäre die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, indem sie den Zugang zu hochwertigen, kontextualisierten und vertrauenswürdigen Datensätzen erleichtern. Solche Daten sind eine wesentliche Voraussetzung für datengetriebene Entscheidungen, etwa bei der Entwicklung von KI-Anwendungen, der Prozessoptimierung oder der Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen. Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten profitieren insbesondere von Datenpools, die es ermöglichen, sektorübergreifend Daten zu aggregieren und zu analysieren, ohne dabei rechtliche oder technische Hürden der Datenweitergabe zu verletzen.
Die wirtschaftliche Bedeutung von Datenintermediären zeigt sich auch in ihrer Rolle als Enabler für datenbasierte Ökosysteme. Indem sie Fragmentierungen in der Dateninfrastruktur überwinden, senken sie Transaktionskosten und erleichtern den Marktzugang für datengetriebene Angebote. So schaffen sie neue Märkte, insbesondere für datengetriebene Dienstleistungen, Beratung, Infrastruktur- und Plattformangebote. Derartige Dienste gewinnen an Bedeutung, da Unternehmen zunehmend auf vertrauenswürdige Partner angewiesen sind, um regulatorische Anforderungen wie Datenschutz oder Datenethik zu erfüllen.
Schließlich tragen Datenintermediäre zur digitalen und wirtschaftlichen Souveränität Europas bei, indem sie europäische Werte wie Transparenz, Fairness und Datenschutz in technische Systeme übersetzen und die Unabhängigkeit von dominanten Plattformakteuren stärken. Sie bieten eine strukturierte und vertrauensvolle Alternative zu den oft intransparenten Praktiken großer Tech-Konzerne und ermöglichen es europäischen Akteuren, Daten kontrolliert zu teilen und zu nutzen – ein zentrales Element für ein nachhaltiges, innovationsorientiertes und wertebasiertes digitales Wirtschaftssystem.
**Technische und organisatorische Herausforderungen für Intermediäre**
* *Sicherstellung der Datensouveränität: Verwendung dezentraler Technologien (z. B. Gaia-X, International Data Spaces), Implementierung von Self-Sovereign Identity (SSI) zur Wahrung der Datenhoheit*
Datenintermediäre stehen vor der komplexen Aufgabe, gleichzeitig Datensouveränität, Sicherheit und Vertrauen in föderierten Datenökosystemen zu gewährleisten. Ein zentraler Anspruch besteht in der Wahrung der Datenhoheit für Nutzer und Unternehmen. Hierzu kommen zunehmend dezentrale Architekturen wie Gaia-X oder die International Data Spaces (IDS) zum Einsatz, die auf föderierte Strukturen und gemeinsame Governance-Modelle setzen. Sie ermöglichen eine verteilte Kontrolle über Datenflüsse, anstatt zentralisierte Plattformen zu nutzen. Ergänzend bieten Ansätze wie Self-Sovereign Identity (SSI) und Verifiable Credentials (VCs) eine technische Grundlage, um Identitäts- und Zugriffsrechte nutzerzentriert zu verwalten. Diese Systeme stärken die Autonomie der Datengeber, indem sie ihnen ermöglichen, selbstbestimmt über die Weitergabe und Nutzung ihrer Daten zu entscheiden.
* *Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit als Geschäftsgrundlage: Verschlüsselung und Datenschutzmechanismen zur Wahrung der Vertraulichkeit, Governance-Modelle zur Einhaltung von Fairness und Transparenz*
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Gewährleistung von Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit, die zur geschäftlichen Grundlage von Datenintermediären werden. Hierzu zählen Verschlüsselungsmechanismen, die es erlauben, Daten im gesamten Lebenszyklus geschützt zu verarbeiten. Moderne kryptografische Verfahren wie Secure Multiparty Computation (MPC) und Fully Homomorphic Encryption (FHE) erlauben Berechnungen auf verschlüsselten Daten, ohne dass der Intermediär Zugang zu den Rohdaten erhält. Dies reduziert das Erfordernis von Vertrauen in die Vermittlungsinstanz selbst und ermöglicht sogenannte „trustless“ Intermediäre. Zudem bieten Zero-Knowledge Proofs zusätzliche Sicherheit durch die verifizierbare Korrektheit von Berechnungen, ohne dass sensible Informationen offengelegt werden müssen.
Technisch-organisatorisch stellen diese Konzepte jedoch hohe Anforderungen an Systemarchitektur, Standardisierung und Governance. Intermediäre müssen robuste Identitätsmanagementsysteme implementieren, etwa basierend auf eIDAS 2.0 oder Attribut-basierten Zugriffskontrollen (RBAC), um sicherzustellen, dass nur berechtigte Parteien Zugriff auf Daten oder Berechnungen erhalten. Ebenso ist ein detailliertes Policy-Management erforderlich, um komplexe und dynamische Datenverwendungsregeln durchzusetzen. Dabei muss die Balance zwischen Interoperabilität, Datenschutz und Usability gewahrt bleiben. Schließlich ist auch die Auswahl vertrauenswürdiger Rechenknoten (Node Selection) eine kritische Aufgabe, insbesondere in dynamischen, offenen Umgebungen.
Diese Herausforderungen zeigen, dass die technische Umsetzung von Datensouveränität und Datenschutz in Intermediationsmodellen weit über reine Compliance-Fragen hinausgeht. Sie erfordert ein ganzheitliches Zusammenspiel aus Governance, kryptografischer Absicherung und föderierter Infrastruktur, das kontinuierlich weiterentwickelt werden muss, um mit regulatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen Schritt zu halten.
**Best Practices und Erfolgsbeispiele**
* Datenintermediäre in der Praxis: Fallstudien aus bestehenden europäischen Initiativen (z. B. Gaia-X, IDS, Catena-X), vorhandene/aktuelle Implementierung von vertrauenswürdigen Datenmarktplätzen
* Förderprogramme und politische Initiativen: Unterstützung durch EU-Programme für souveräne Dateninfrastrukturen, Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschung und öffentlichen Institutionen
In der europäischen Praxis gibt es mittlerweile mehrere vielversprechende Initiativen, die das Potenzial von Datenintermediären demonstrieren und als Blaupausen für vertrauenswürdige Dateninfrastrukturen dienen. Eine der prominentesten ist Gaia-X (https://gaia-x.eu), ein europäisches Projekt zur Schaffung einer föderierten und souveränen Dateninfrastruktur. Gaia-X verfolgt das Ziel, durch technische Standards, Governance-Mechanismen und Interoperabilitätsprinzipien die Entstehung sicherer Datenräume zu ermöglichen. Dabei agieren Datenintermediäre als vermittelnde Instanzen, die den Datenfluss zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden unter Einhaltung europäischer Werte wie Datenschutz und Transparenz steuern. Die technischen Architekturen setzen dabei unter anderem auf föderiertes Identitätsmanagement, Datenkataloge und Richtlinien zur Zugriffskontrolle, was eine hohe Vertrauenswürdigkeit in den Datenverkehr garantiert.
Ein weiteres praxisrelevantes Beispiel ist Catena-X (https://catena-x.net), ein offenes, kollaboratives Datenökosystem für die Automobilindustrie. Es nutzt die Referenzarchitektur der International Data Spaces (IDS, https://internationaldataspaces.org) und Gaia-X, um vertrauensvolle Datenräume zwischen Automobilherstellern, Zulieferern, Dienstleistern und weiteren Partnern zu etablieren. Catena-X zeigt exemplarisch, wie Datenintermediäre eingesetzt werden können, um komplexe Lieferketten transparenter und resilienter zu gestalten. Dabei sind Interoperabilität, Datenhoheit und Standardisierung zentrale Voraussetzungen, die über gemeinsame technische Regeln und Governance-Vorgaben durchgesetzt werden. Die dabei eingesetzten Datenintermediäre agieren als neutrale Plattformbetreiber, die den Datenaustausch ermöglichen, aber keine eigenen wirtschaftlichen Interessen an den Daten verfolgen.
Auch im Bereich der datenbasierten Forschung und Innovation werden Datenintermediäre zunehmend erfolgreich eingesetzt. Plattformen wie der Health Data Hub in Frankreich (https://health-data-hub.fr) oder der German Medical Informatics Initiative (https://www.medizininformatik-initiative.de) zeigen, wie strukturierte und datenschutzkonforme Intermediation zur Verbesserung der Forschung und Gesundheitsversorgung beitragen kann. Durch klar definierte Zugriffsrechte, Pseudonymisierungstechniken und eine transparente Governance gelingt es, sensible Gesundheitsdaten aus unterschiedlichen Quellen vertrauensvoll nutzbar zu machen. Diese Initiativen stützen sich nicht nur auf technische Standards, sondern auch auf organisatorische Kooperationsformen zwischen Universitäten, Kliniken, Unternehmen und staatlichen Stellen.
Die Umsetzung solcher Vorhaben wird durch eine Reihe politischer Förderprogramme maßgeblich unterstützt. Die Europäische Kommission stellt im Rahmen von Programmen wie Digital Europe (https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/activities/work-programmes-digital), Horizon Europe (https://www.consilium.europa.eu/de/policies/horizon-europe/) und dem CEF Digital (https://hadea.ec.europa.eu/programmes/connecting-europe-facility_en) gezielte Mittel für den Aufbau souveräner Dateninfrastrukturen bereit. Diese Programme fördern nicht nur die technologische Entwicklung, sondern auch den Aufbau von Partnerschaften zwischen öffentlichem Sektor, Wissenschaft und Industrie. Ergänzend wurden Koordinierungsstellen wie das European Data Innovation Board (EDIB, https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?lang=en&groupID=3903) und das Data Spaces Support Centre (DSSC, https://dssc.eu) geschaffen, die den Wissenstransfer fördern und zur Entwicklung gemeinsamer Standards beitragen.
Diese erfolgreichen Praxisbeispiele verdeutlichen, dass die Etablierung von Datenintermediären in realen Anwendungsfeldern möglich ist und bereits heute wirtschaftliche, soziale und technologische Mehrwerte schafft. Sie zeigen zudem, dass technische Exzellenz, regulatorische Klarheit und institutionelle Zusammenarbeit wesentliche Erfolgsfaktoren sind. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Ansätze weiter zu skalieren, sektorspezifisch anzupassen und europaweit in ein kohärentes Datenökosystem zu integrieren.
**Fazit und Zukunftsperspektiven**
* Bedeutung von Datenintermediären für die digitale Wirtschaft: Förderung eines fairen, sicheren und effizienten Datenaustauschs, Entwicklung neuer datengetriebener Wertschöpfungsmodelle
* Zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen: Weiterentwicklung von technischen Standards für Intermediäre, Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Datenintermediäre spielen eine Schlüsselrolle für den Aufbau einer fairen, sicheren und wettbewerbsfähigen digitalen Wirtschaft in Europa. Als vertrauenswürdige Vermittler ermöglichen sie strukturierten und rechtskonformen Datenaustausch zwischen Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Individuen. Durch ihre Neutralität und die Einhaltung strenger Datenschutz- und Transparenzanforderungen schaffen sie die Grundlage für neue datengetriebene Geschäftsmodelle, die auf gemeinsamen Standards, Interoperabilität und Datensouveränität basieren. Damit leisten sie einen zentralen Beitrag zur Umsetzung der europäischen Datenstrategie und zur Verwirklichung sektorübergreifender Datenräume – etwa in Mobilität, Industrie, Gesundheit oder Energie – in denen der Wert von Daten verantwortungsvoll und breit verteilt wird.
Gleichzeitig stehen Datenintermediäre vor wichtigen Zukunftsaufgaben. Technisch bedarf es der weiteren Entwicklung und Harmonisierung offener Standards und Schnittstellen, etwa im Bereich föderierter Identitäten, Zugriffssteuerung und semantischer Interoperabilität. Regulatorisch müssen klare, praxistaugliche Leitlinien geschaffen werden, um insbesondere kleinen und mittleren Akteuren den Zugang zu Datenintermediation zu erleichtern. Wirtschaftlich stellt sich die Herausforderung, nachhaltige Geschäftsmodelle zu etablieren, die mit dem Neutralitätsprinzip des Data Governance Act vereinbar sind. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz wird wesentlich davon abhängen, ob Datenintermediäre als transparente, rechenschaftspflichtige und gemeinwohlorientierte Akteure wahrgenommen werden. Perspektivisch bieten sie jedoch großes Potenzial, um Europas digitale Souveränität zu stärken und eine wertebasierte Datenökonomie global wettbewerbsfähig zu gestalten.